Samstag, 27. Juli 2019

"Die Unvollkommenen" von Theresa Hannig


  • Bastei Lübbe
  • Taschenbuch
  • Science Fiction
  • 399 Seiten
  • Erschienen am 28. Juni 2019
  • ISBN: 978-3-404-20947-7
  • 10,00 Euro



Klappentext:
Bundesrepublik Europa, 2057: Es herrscht Frieden in der Optimalwohlökonomie, einem lückenlosen Überwachungssystem, in dem mithilfe von Kameras, Linsen und Chips alles erfasst und gespeichert wird. Menschen und hochentwickelte Roboter sollen Seite an Seite leben. Störenfriede werden weggesperrt.

So auch die Systemkritikerin Lila. Als sie im Gefängnis aus einem künstlichen Koma erwacht, stellt sie fest, dass ihr schlimmster Albtraum wahr geworden ist: Die BEU wird von einer KI regiert. Samson Freitag wird als Gottkönig verehrt und erpresst von den Bürgern optimalkonformes Verhalten. Für Lila steht fest, dass sie Samsons Herrschaft und die Entmündigung der Menschen beenden muss. Ihr gelingt die Flucht, doch Samson spürt sie auf und bietet ihr einen Deal an, den Lila nicht ausschlagen kann... (Quelle: Bastei Lübbe Verlag)




Kurze Zusammenfassung:
Lila wurde nach ihrem missglückten Terroranschlag verhaftet und verwahrt. 
Dazu legte man sie fünf Jahre in ein Koma und nun soll sie ihre restliche Lebenszeit in einem „Internat“ verbringen.
Den Menschen dort geht es sehr gut, sie essen ausgezeichnet und bekommen rund um die Uhr die beste Zerstreuung geboten. Es ist eigentlich das Leben, das sich viele Menschen wünschen. 
Im Internat lässt es sich gut leben, es fehlt einzig die Freiheit.
Doch Lila möchte diese Freiheit haben, möchte Freiheit für alle Menschen, denn in den fünf Jahren in denen Lila im Koma lag, hat sich Samson Freitag zum gottgleichen Herrscher stilisiert und eine Freiheit für die Menschen ist quasi nicht mehr existent.
Per Chip werden sie permanent überwacht und manipuliert und was der Chip nicht mitbekommt, bekommen garantiert die Roboter mit, die jetzt menschengleich in die Gesellschaft integriert sind.
Lila weiß, dass sie aus dem Internat fliehen und sich Samson stellen muss, um den Menschen und sich selbst die Freiheit zurück zu geben.

Fazit:
Dieses Buch ist die gelungene Fortsetzung von „Die Optimierer“ von Theresa Hannig.
Die Geschichte bewegt sich folgerichtig fort und packt genauso und sofort, wie es auch der erste Band getan hat.
Aber das Buch ist nicht nur eine Lektüre, die sich gut lesen lässt, die Geschichte regt auch zum nachdenken an.
Was ist eigentlich Glück? Oft denken wir, Glück ist Sorglosigkeit in Bezug auf materielle Dinge.
Lila hat diese Sorglosigkeit und ist dennoch nicht glücklich. Reicht gutes Essen, eine schöne Umgebung, Sicherheit und Zerstreuung nicht aus?
Scheinbar nicht, auch wenn es der große Traum vieler Menschen ist, von den alltäglichen Sorgen entbunden zu sein.
Das Recht auf eigene Gedanken und eine eigene Meinung, die Akzeptanz dieser Gedanken und Meinungen, sowie natürlich Freiheit sind Lila wesentlich erstrebenswerter als materielle Sorglosigkeit.
Ganz ehrlich, mir eigentlich auch.
Was will ich mit einer schönen Umgebung und einem permanent gefüllten Kühlschrank, wenn ich eingesperrt bin, wenn meine Gedanken verboten sind.
Dann bin ich satt aber gefangen und einsam.
Theresa Hannig hat diesen Zustand sehr gut beschrieben und so plastisch ausgemalt, dass ich mir wirklich gut vorstellen kann, dass sich eine Gesellschaft zu diesem Punkt entwickeln kann, an dem die Protagonistin Lila jetzt steht.
Wie schnell sich Gesellschaften verändern sehen wir im Augenblick an unserer eigenen Gesellschaft und auch hier versuchen Menschen politische Macht zu erringen, in dem sie den Menschen materielle Zufriedenheit versprechen, aber gleichzeitig auch klar machen, dass bestimmte Menschen, Meinungen und Gedanken verpönt sind.
Auch hier geben Menschen dieser Strömung eine Chance, weil sie erst einmal nur auf den vollen Kühlschrank hoffen und einen Weg aus der Armut zu sehen meinen. 
Von Band 1 zu Band 2 hat Theresa Hannig sehr glaubhaft den Wandel einer Gesellschaft beschrieben und wenn ich mir vorstelle, dass diese Fiktion eines Tages Wirklichkeit werden könnte, läuft es mir eiskalt den Rücken runter.
Nach ihrem absolut tollen Debüt mit Band 1 hat Theresa Hannig genauso toll nachgeliefert!

Vielen Dank an den Bastei Lübbe Verlag für dieses Rezensionsexemplar