Dienstag, 6. August 2024

"Paradis City" von Jens Lapidus

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  • btb Verlag
  • Broschiertes Buch
  • Seitenzahl: 462
  • Erscheinungstermin: 10. Juli 2024
  • ISBN: 9783442772100
  • 17,00 Euro


Klappentext:
Schweden in naher Zukunft. Die Polarisierung der Gesellschaft hat neue, beispiellose Ebenen erreicht. Zum Schutz der Privilegierten wurden Mauern errichtet, um die Bewegungen der Menschen in der sogenannten Sonderzone, einer Art No-Go-Area, einzuschränken. Es ist Wahljahr und obgleich Gefahr droht, beschließt die Innenministerin eine politische Kundgebung in Järva, einer dieser Zonen abzuhalten. Trotz aller Sicherheitsmaßnahmen gerät sie in einen Hinterhalt und wird entführt. Daraufhin setzt die machtlose Polizei auf einen unorthodoxen Plan: Sie wollen Emir, einen verurteilten Verbrecher, der sich derzeit im Gefängnis befindet, undercover hinter die Mauern von Järva schicken, um die Innenministerin zu retten.
(Quelle: btb Verlag)


Was passiert:
Der Freiheitsgedanke und die Idee von der Gleichheit aller Menschen hat sich auf privilegierte Schweden beschränkt. Menschen mit Migrationshintergrund oder Vorstrafen dürfen sich nur noch in Sonderzonen aufhalten. Diese Sonderzonen sind mit Mauern umgeben und werden streng überwacht. Innerhalb der Sonderzonen haben sich verschiedenen Parallelgesellschaften gegründet und Überleben ist oft nur durch Kriminalität möglich.
Emir ist eigentlich kein schlechter Kerl aber hat schon drei Vorstrafen und die nächste Verurteilung würde lebenslängliche Haft bedeuten. Genau in diese Verurteilung schlittert Emir geradewegs, als er eine vermeintlich harmlose Rentnerpokerrunde überfallen will. In dieser Runde spielt nämlich ein hochrangiger Gangboss mit. Während Emirs Überfall stürmt die Polizei das Glücksspiel und als hätte Emir nicht schon genug Pech verhilft er versehentlich dem Gangboss, Abu Gharib, zur Flucht und schießt auch noch seinen besten Kumpel an.
Damit hat er jetzt sozusagen bei Gharib einen Stein im Brett aber das hilft ihm jetzt nicht viel. Oder?
Die Polizei kapiert schon recht schnell, dass Emir kein gefährliches Gangmitglied ist und eher aus Versehen in die Geschichte geriet. Das will sich die Polizei zunutze machen, denn in dieser Sonderzone befindet sich auch gerade die Innenministerin. Sie wurde entführt und Emir soll nun ihren Aufenthaltsort ausfindig machen ....


Fazit: 
Ein richtig spannender Thriller, der aufzeigt, was auf freien Gesellschaften werden kann, wenn man Spaltung und völkisches Gedankengut frei wuchern lässt.
Die Geschichte selbst hat, wie in skandinavischen Thrillern gewohnt, mehrere Handlungsstränge. Nicht nur Emir gerät zwischen die Fronten, auch die Personenschützerin Fredrika und die Influencerin Nova werden direkt oder indirekt mit in dieses "Spiel" gezogen.
Das sogt für Abwechslung und erhöht die Spannung.
Am meisten hat mich irgendwie Emirs Ausweglosigkeit beeindruckt. Jens Lapidus hat es echt geschafft mich hier richtig zu packen. Ich musste mir zwischendurch immer wieder vorstellen, wie es mir ginge, wenn ich in eine Sonderzone gepackt, kaum Geld und keine Aussicht auf Arbeit habe und von dem überwiegenden Teil der Gesellschaft als geächtet angesehen werde.
Wie würde ich handeln? Würde ich auch versuchen Geld zu stehlen? Mit welchen Gefühlen würde ich mein hoffnungsloses Leben leben?
"Paradis City" hält also nicht nur jede Menge Hochspannung bereit, sondern man kann sich auch damit auseinandersetzen, ob man solch eine Gesellschaft, wie in dem Thriller beschrieben, überhaupt will.
Bei uns werden Stimmen, die genau so etwas möchten immer lauter. "Remigration", Zonen für Geflüchtete in Nordafrika und die ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer sollen gleich mit ausgewiesen werden und ähnliche Idee werden von populistischen völkischen Gruppen ja schon lautstark gefordert.
Was für Wechselwirkungen entstehen daraus? Kommen Geflüchtete als Kriminelle hier her und leben ihre Kriminalität einfach nur aus oder kommen sie als Menschen her, die durch die Strukturen in eine Ausweglosigkeit geraten die Kriminalität und Gewalt nach sich ziehen? Oder es beides?
Emir wäre wahrscheinlich nicht auf die schiefe Bahn geraten, wenn er Chancen und Hoffnung gehabt hätte. Klar, er ist ein bißchen trottelig und lässt sich mitziehen aber in einem geordneten Umfeld hätte es vielleicht niemanden gegeben, der ihn mitgezogen hätte.
Solche Gedanken muss sich aber niemand beim Lesen machen, Lapidus lässt den Leser total frei entscheiden, was er aus dem Buch mitnimmt.
Wer einfach nur einen sehr spannenden Thriller möchte, der bekommt ihn auch. 
Wer gerne sich gerne Gesellschaften und Gefahren für die Demokratie beschäftigt, bekommt einen sehr spannenden Thriller mit einer ganzen Menge Stoff zum Nachdenken.


Vielen Dank an den btb Verlag für dieses Rezensionsexemplar

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